Harry Potter

Liebe Leser des Artikels von Prof. Dr. Reinhard Franzke: „Die Harry-Potter-Manie Harmlose Fantasie oder gefährliche Magie?“
Version 1.1 vom 2.1.2003

Als gläubiger Christ und Harry Potter – Leser möchte ich mir erlauben, ein bisschen auf diesen Text einzugehen. Bevor ich versuche, meine eigenen Gedanken etwas darzulegen, will ich etwas auf das Niveau des Artikels eingehen (Hervorhebungen von mir):

„Die Harry-Potter-Romane seien […] (angeblich) spannend und lehrreich

Verschwiegen wird auch, dass es sich bei den Harry-Potter-Romanen um äußerst schlechte und langweilige Literatur handelt, die ihren Erfolg einzig und allein dem weit verbreiteten „Geist der Magie“ verdankt.

Ich selbst musste mich bei der Lektüre mehrmals heftig erbrechen.“

Interessant finde ich hier, dass alleine die persönliche Abneigung des Autors dem Erzählstil gegenüber schon als Argument verwendet wird. Ich habe alle HP – Bücher gelesen (mit mir auch andere, die ich als lebendige Christen erachte) und konnte die Bücher oft nicht mehr weglegen, so gut geschrieben und spannend waren sie. Dass ein Kinderbuch aber nicht zur hoch stehenden Weltliteratur gehören kann, ist wohl klar.
Aber vielleicht hat mich ja der „Geist der Magie“ oder der Teufel verblendet, da ich ja auf schlechte und langweilige Literatur hereingefallen bin!
Interessant ist auch, dass der Autor trotz akuter körperlicher Beschwerden zumindest drei der derzeit erschienenen vier Bücher gelesen hat (denn es finden sich aus drei Büchern Seitenhinweise im Text)

Was mich aber besonders stört, ist die Erhebung der Bücher in einen Quasi-Lehrbuchstatus und die Gleichsetzung mit dem Kreuz(!) (Hervorhebung vom Autor):

„4. Die Harry-Potter-Pädagogik ist verfassungswidrig. Sie verstößt gegen die Pflicht des Staates zur weltanschaulich–religiösen Neutralität. Wenn schon der bloße Anblick des Kruzifixes und/oder des Kopftuches (einer Muslimin) gegen das Grundgesetz verstößt, dann erst Recht das intensive Studium magischer Lektüre im Unterricht staatlicher Pflichtschulen.“

Da Harry Potter in einer Phantasie-Welt spielt und überhaupt keinen Anspruch erhebt, unsere Wirklichkeit zu beschreiben (im krassen Gegensatz zur Bibel und dem Kreuz, die mehr Wirklichkeit beschreiben, als der Mensch selbst erfassen kann), finde ich diesen Vergleich mehr als lächerlich. Dazu aber später noch mehr.

Weiters fällt der Autor auf satirische Magazine herein und verkauft das als Argument:

„Die Autorin, die in Interviews gewisse Sympathien für Magie und Satanismus andeutet […]“

Nach dem Erscheinen des zweiten Bandes gab das Internet-Satire-Magazin „The Onion“ ein frei erfundenes Interview mit der Autorin heraus, dessen Inhalt ich hier nicht unbedingt wiedergeben möchte. Viele Leute nahmen das Interview als Wahrheit und verbreiteten über Massenmails dessen Inhalt. Aus diesem Grund hielt sich das Gerücht bis jetzt.

„Das Internat ist eine Zauberschule und Harry ist ein Zauberlehrling, der in die magischen und dunklen Künste eingeweiht wird.“

(Hervorhebung von mir) Das mit den dunklen Künsten ist einfach nicht wahr, auf jeden Fall nicht aus der Sicht des Buches. Es gibt sogar ein Lehrfach, das „Defense against the dark arts“ heißt, also „Abwehr der dunklen Künste“.

Folgenden Punkt finde ich aber am stärksten:

„6. Die Medien [sind begeistert über die] Harry-Potter-Romane, ohne sich zu fragen wo, wann und wie die Autorin diese Fähigkeiten erworben hat. Ebenso wenig fragen sie danach, wie man in so kurzer Zeit so viele umfangreiche Romane schreiben und veröffentlichen kann. Unbeachtet bleibt auch der Hinweis, dass die Grundidee zu Harry Potter auf eine blitzartige Vision der Autorin während einer Bahnfahrt zurückgeht“

Ein plötzlicher Einfall soll gleich das Werk des Teufels sein? Wenn man innerhalb von (ca.) 10 Jahren fünf Romane schreibt, sind böse Mächte im Spiel? (Ich finde das gar keine große Leistung. Wenn ich schreibe, schaffe ich sicher zumindest eine Romanseite pro Tag – leider habe ich nicht die Zeit, jeden Tag zu schreiben – das würde dann ungefähr 300 Seiten pro Jahr machen. Das Lebenswerk von Karl May wird in 74 Bänden zusammengefasst, zu je 300 Seiten – er wurde 81 und begann mit 30 zu schreiben).
Ich denke auch, dass gekonntes Schreiben durchaus ein Talent sein kann und gerade das Schreiben von Kinderbüchern ist wohl leichter, als das Schreiben eines Faust oder ähnlichem.

„[Die Mütter] kaufen ihren Kindern die teuren Harry-Potter-Bücher“

Nur kurz: Ein Harry Potter – Buch kostet auch nicht mehr, als andere neu erscheinende Bücher.

Warum aber glaube ich, dass sich die Gefahr eines Harry Potter-Buches in Grenzen hält?

1. Bei der Lektüre eines der Bücher oder beim Betrachten der Filme ist sofort klar, dass es sich hier um Fantasy handelt, es gibt überhaupt keine Anzeichen, dass Harry Potter in unserer Welt spielt. Das erste Buch beginnt mit den Ereignissen nach dem Mord an Harrys Eltern. Es erscheinen Zauberer, die auch sofort äußerlich als solche erkennbar sind. Ein fliegendes Motorrad wird beschrieben, ein Feuerzeug, das die Straßenlichter „ausknipst“, eine ältere Zauberin, die sich in eine Katze verwandelt hat. All das auf den ersten paar Seiten sollte jedem klar machen, dass es sich hierbei nicht um reales handelt.
Auch habe ich im Zuge der Veröffentlichung der Bücher und der Filme Interviews mit Kindern gehört, wobei zwar einige gesagt hatten, sie würden auch gerne zaubern können, aber allen war klar, dass hier Fiktion beschrieben wird. Und ich bin mir sicher, dass es keine Kinder gibt, die in einem Londoner Bahnhof nach der durchlässigen Mauer zum Bahnsteig 9 ¾ suchen (so wie es im 1. Buch beschrieben wird)

2. Durchaus ist mir bewusst, dass die Bibel jede Art von Magie verbietet (5. Mose 18:9ff), aber ich möchte darauf hinweisen, dass wir in den HP-Büchern eine Art von „Magie“ finden, die nichts mit der realen zu tun hat. Die reale Magie ist immer ein Beschwören böser Mächte (kann gar nicht anders sein), während die Zauberkünste von Harry Potter und seinen Freunden aufgrund von angeborenen Fähigkeiten funktionieren. Sie ist eine Erweiterung der Physik (wie auch der im ersten Buch beschriebene Umhang, der unsichtbar macht). Daher sind beides für mich verschiedene Dinge, die aber den gleichen Namen haben. Sollte sich einmal mein (sehr hypothetisches) Kind vorstellen, dass es Dinge aus dem Nichts erschaffen kann, werde ich wahrscheinlich lächelnd zusehen – und so alle christlichen Eltern – und diese Kinder sind Gott sicher kein Gräuel!
Die in Harry Potter beschriebene Magie entspringt dem Wunschtraum des Menschen, aus eigener Kraft Wunder vollbringen zu können, vielleicht nicht unbedingt ein christlicher Traum (denn nur Gott vollbringt Wunder), aber sicher kein gefährlicher. Aus diesem Grund denke ich, dass HP zwar wirklich Magie verherrlicht, aber keine, die je von einem Menschen ausgeübt werden kann. Deswegen kann man meiner Meinung nach nicht von einer „Harry Potter-Pädagogik“ reden, wie es der Autor andauernd tut. Es wird nichts eingeübt, was ausgeübt werden kann!
Daher finde ich folgende Aussage auch mehr als seltsam:

„Die Harry-Potter-Romane […] werden den Kindern die Grundvorstellungen magischen Denkens sowie erste magische Fähigkeiten und Praktiken vermitteln.“

Erste magische Fähigkeiten? Ich weiß nicht, welches Buch der Autor gelesen hat, aber nach der Lektüre des ersten Harry Potter Buches konnte ich trotzdem nicht mit meinem Zauberstab eine Feder anheben. (Ich gebe zu, dass ich es auch nicht wirklich probiert habe – außerdem habe ich auch keinen Zauberstab mit einer Phönix-Feder im Kern)
Zaubern wird kein Kind lernen durch die Lektüre von Harry Potter, aber es laufen derzeit Fernsehserien, die Ehebruch, Sex vor der Ehe und mit jedem, Homosexualität, Betrug, usw. zeigen und als gut und „in“ darstellen. Alles Dinge, die ein Mensch ohne Probleme nachmachen kann (Ehebruch natürlich nur die Verheirateten).

3. Ein weiterer Dorn im Auge des Autors sind die unzähligen Referenzen auf die von ihm genannten „Ekeltiere“. Er sieht eine Gefahr in der Herabsetzung einer Hemmschwelle durch das „Ekeltraining“. Nur werden in den Büchern diese Tiere immer als negativ, böse, Furcht einflößend geschildert und sind nie Freunde der „guten“ Charaktere.
Weiters meint er, dass das Übermaß an Horrorszenen die lesenden Kinder in Depressionen und Lernschwierigkeiten stürzt. Nun, ich bin kein Psychologe und kann diesen Punkt weder bestätigen, noch widerlegen, doch ich denke, dass unsere Kinder mit noch viel mehr konfrontiert werden, wenn sie nur den Fernseher einschalten oder eine unserer alten Sagen lesen (Ein Basilisk, ähnlich dem Tier aus dem zweiten Band steht als Wahrzeichen in Klagenfurt).

4. Okkulte Praktiken werden nur von den „Bösen“ durchgeführt, daher ist es sehr unwahrscheinlich, dass diese nachgeahmt werden. In die Zukunft sehen wird im Buch lächerlich gemacht.

5. Die HP-Bücher lehren die Leser, Loyalität, Gerechtigkeit, Freundschaft, Hilfsbereitschaft und Opferbereitschaft über alles zu halten. Harry Potter ist nicht unbedingt ein christliches Vorbild, da er manchmal die Schulregeln bricht, um zum Ziel zu kommen, er ist aber sicher ein besseres Vorbild als vieles anderes, was Kinder und Jugendliche im Fernsehen und bei Computerspielen mitbekommen.


Meine Empfehlung:
Natürlich ist HP nicht wirklich für kleine Kinder gedacht. Ich bin dafür, die Bücher nur den Kindern zu geben, die so alt sind, wie Harry Potter im ersten Buch (also 11). Außerdem sollten die Eltern auch genau wissen, was sie ihren Kindern zu lesen geben (und was ihnen zugemutet werden kann).
Ich denke auch, dass man als Elternteil durchaus nicht dagegen sein soll, wenn ein Kind überhaupt einmal lesen will – viele Kinder lesen ja gar nicht.
Ein Erwachsener kann die Bücher gefahrlos lesen. Ein echter Christ wird mit Sicherheit nicht zum Satanismus überwechseln, nur weil er diese Bücher gelesen hat.


Aber auch ich möchte vor etwas warnen:
Wir leben in einer seltsamen Zeit. Früher wurden christliche Schriften verbrannt, jetzt verbrennen Christen Kinderbücher! So geschehen in Amerika, wo ein Pastor öffentlich HP-Bücher verbrannte, und ein weiterer diese verbrennen wollte, es ihm aber aus feuerpolizeilichen Gründen nicht erlaubt wurde, und er sie deswegen öffentlich zerriss.
Muss man als Christ wirklich Angst vor Phantasie haben? Sind nicht andere Probleme viel gefährlicher, wie zum Beispiel den Verlust der Wertigkeit der Familie?
Es ist schon schwer genug, die Botschaft vom Kreuz weiterzugeben, ist doch die Botschaft Torheit für die Menschen (1. Kor 1:23), es ist schwer genug, Werte wie Ehrlichkeit, Nächstenliebe,… vorzuleben, ohne für verrückt gehalten zu werden, es ist schwer genug, Gottes „Norm“ für unser Zusammenleben hochzuhalten, ohne gleich als intolerant zu gelten.
Warum sollten wir Christen uns dann noch durch den Kampf gegen harmlose, weltliche Literatur, die nichts mit unserem Glauben zu tun hat, aber auch nichts gegen unseren Glauben sagt, lächerlich machen?

Ich trau’ auf Dich, Herr, dass Du mir sagst, was richtig und was falsch ist.
Ich trau’ auf Dich, dass Dein Geist mir hilft, das Buch wegzuwerfen, das nicht für mich geeignet ist, die Fernsehsendung abzudrehen, die gegen Deinen Willen ist.
Ich vertraue Dir, und daher weiß ich, dass ich nicht in ständiger Angst vor der Verführung durch die Welt gehen muss, denn ich weiß, Du hältst Deine Hand über mich.


Gottes Segen,
Thomas Lehrer



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