Liebe Freunde!
Ich möchte euch heute ein Geständnis machen.
Ich finde es besser, daß ihr die Tatsachen aus meinem Mund erfährt, bevor ihr es von jemanden Fremden hört.
Es gab schon seit längerer Zeit Gerüchte, und, gebt es zu, auch einige von euch haben vermutet, daß ich ein Doppelleben führe.
Ohne lange um den heißen Brei herumzureden: Es ist wahr.
Viele werden sich jetzt fragen, woraus denn mein zweites Leben, mein zweites Ich so besteht.
Nun ja, ich würde nicht behaupten, daß es aufregender als das Leben ist, das euch bekannt ist.
Es war notwendig, ein zweites Ich aufzubauen, um den alltäglichen Pflichten zu entfliehen.
Vor etwa vier Jahren begann ich, Informatik zu studieren. Jaja, ich weiß, ihr dachtet, ich wäre Kühlschrankmonteur. Aber wer hat sich denn nicht gewundert, als ich vor zirka einem halben Jahr den Kühlschrank von Michis Tante so eingebaut hatte, daß die Öffnung zur Wand zeigte?
Sicher, damals habe ich behauptet, daß ich so betrunken war, daß ich nicht einmal mehr Autofahren konnte. Das war gelogen – Ich kann in jedem Zustand ein Fahrzeug lenken, solange mir nur jemand die Türe aufsperrt.
Ungefähr ein Jahr nach dem Beginn meines Informatikstudiums tat ich etwas, was euch wahrscheinlich ungeheuerlich erscheint: Ich begann, einen christlichen Jugendkreis zu besuchen.
Nein, nein, ich muß euch leider enttäuschen, keine von diesen Sekten, die nur auf das Geld ihrer Mitglieder aus sind. Ich begann auch nicht, den Kreis in eine solche umzuwandeln.
Ihr werdet euch sicher fragen, ob ich nicht sofort die Leitung übernommen habe.
Das tat ich nicht, sondern genau das Gegenteil: Ich hielt mich immer zurück, redete fast nichts – was mir immer schwergefallen ist, das könnt ihr euch denken. Zuerst hatte ich Angst, mich zu verraten, irgendeine Bemerkung über mein Doppelleben fallenzulassen, ich wurde ja oft genug befragt. Doch ich gab immer ausweichende Antworten und konnte alle dadurch auf eine falsche Spur führen.
Apropos falsche Spur: Mein ganz persönliches Meisterwerk war, ihnen weiszumachen, daß ich überhaupt keinen Alkohol trinke. Ihr lacht, aber es ist wahr. Sicher, viele konnten es Anfangs nicht glauben, daß es einen Menschen gibt, der keinen Alkohol trinkt (Gibt es ja eigentlich auch gar nicht).
Sie waren mißtrauisch und wollten mich immer wieder mit alkoholischen Getränken, meistens Sekt, verführen.
Aber es ist ja nicht schwer, keinen Tropfen anzurühren, wenn man am Vortag alleine eine Bierkiste um ihren Inhalt erleichtert hat.
Und wenn ich es wirklich nicht „ohne“ aushalten konnte, dann gab ich den Whiskey für Apfelsaft aus oder ähnliche Dinge.
Wovon ich mich ebenfalls, so gut es ging, ferngehalten habe, waren ihre Spiele. Ihr wißt, daß ich mein Temperament oft nicht zügeln kann, wenn das Glück nicht auf meiner Seite ist, und diese Spiele waren immer so harmlos, ohne der Möglichkeit, sich auszutoben. Nicht wie das Spiel Jänner 97, damals, als wir uns gegenseitig den Arm gebrochen hatten.
Nein, das waren Spiele, wie „Vier auf der Couch“ – Und es geht in diesem Spiel leider nicht darum, wer als letzter aufrecht auf der Couch sitzen kann.
Was mir am Anfang besonders unmöglich erschien, war das Singen. Und damit meine ich nicht das Gegröle, daß ihr immer von euch gebt, wenn ihr zuviel intus habt oder das wir anstimmen, wenn wir die Skinnheads von unserem Platz vertreiben.
Ich hatte immer das Gefühl, daß ich nur ein Krächzen von mir geben könnte. Nachdem ich aber – nach vorheriger Ölung – am Klo am Karslplatz (immer kurz vor unseren Treffen) geübt hatte, ging es so halbwegs. Demnächst trete ich in der Staatsoper auf…..
Die weiteren Details will ich euch ersparen. Ihr würdet sie sowieso nicht glauben.
So, jetzt wißt ihr es. Und wem irgend etwas daran stört, der soll an meine grüne Seite kommen und sich das mit meiner Faust ausmachen.
Ich danke für eure Aufmerksamkeit.