Aus Glauben allein

Gerechtfertigt aus Glauben alleine oder doch aus Werken?

Auf jesus.de (einem christlichen Diskussionsforum) wird dieses Thema immer wieder angeschnitten, besonders bei Diskussionen mit Katholiken. Luther hat, in seiner Begeisterung über das Erkannte, den Vers 3:28 aus dem Römerbrief so übersetzt: “So halten wir nun dafür, daß der Mensch gerecht wird ohne des Gesetzes Werke, allein durch den Glauben.

Dieses “allein” steht so nicht im Urtext und das wird Luther angekreidet, vor allem, weil es im Widerspruch zum Jakobusbrief scheint.

Ich denke, dass es sich hier um den wichtigsten Punkt des ganzen Evangeliums handelt, deswegen möchte ich hier versuchen, ganz genau meine Position und das, was ich aus der Schrift lese, darzustellen.

Manche glauben, dass Paulus immer nur vom Gesetz – also dem jüdischen Gesetz – spricht. Jedoch muss ich, denke ich, schon dem widersprechen.

Zuerst einmal: Wie fasst Jesus selbst das Gesetz zusammen?

Man soll Gott lieben und den Nächsten wie sich selbst. (-> Mat 22:37-340)

Das sieht Jesus als zentrale Punkte des Gesetzes, also haben wir einen großen Teil “gute Werke”.

Paulus sieht das genau so: “Denn das ganze Gesetz ist in dem einen Wort zusammengefaßt: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst!” (Galater 5:14)


Der Brief an die Römer, aus dem wir viel von Paulus’ Theologie erfahren, ist, wie der Name schon sagt, ein Brief an eine Gruppe von Christen, die in Rom lebten. Die Gemeinde bestand hauptsächlich aus Nicht-Juden, denn Paulus sagt in Vers 1:13 “[…] denn wie bei den anderen Heiden soll meine Arbeit auch bei euch Frucht bringen.

Das heißt dann natürlich, dass es sich hier um eine Gruppe handelte, die nicht wirklich viel vom jüdischen Reinheitsgesetz wussten. Sie schienen zwar auch ein Problem mit der Beschneidung gehabt zu haben, aber sicher nicht mit dem Rest der jüdischen (Opfer-)Gebote.

Im 2. Kapitel bekommen wir auch einen weiteren Einblick, was er mit Gesetz meint (13-15):

Nicht die sind vor Gott gerecht, die das Gesetz hören, sondern er wird die für gerecht erklären, die das Gesetz tun.
Wenn Heiden, die das Gesetz nicht haben, von Natur aus das tun, was im Gesetz gefordert ist, so sind sie, die das Gesetz nicht haben, sich selbst Gesetz.
Sie zeigen damit, daß ihnen die Forderung des Gesetzes ins Herz geschrieben ist; ihr Gewissen legt Zeugnis davon ab, ihre Gedanken klagen sich gegenseitig an und verteidigen sich


Also, wenn man diesen Vers liest, dann ist klar, dass es hier nicht um Reinheitsgebote gehen kann, denn die sind niemanden ins Gewissen geschrieben. Gottessuche und Nächstenliebe jedoch schon.

Paulus dreht sogar die Bedeutung um. Im 3. Kapitel, in den Versen 26 und 27 schreibt er:

[Gott] erweist seine Gerechtigkeit in der gegenwärtigen Zeit, um zu zeigen, daß er gerecht ist und den gerecht macht, der an Jesus glaubt.
Kann man sich da noch rühmen? Das ist ausgeschlossen. Durch welches Gesetz? Durch das der Werke? Nein, durch das Gesetz des Glaubens.


Also er spricht hier nicht von den Werken des Gesetzes, sondern vom Gesetz der Werke. Ersteres könnte durchaus die Beschneidung und Opferrituale enthalten, letzteres aber nicht mehr.

Im nächsten Kapitel spricht Paulus von Abraham.
Er schreibt: “Wenn Abraham aufgrund von Werken Gerechtigkeit erlangt hat, dann hat er zwar Ruhm, aber nicht vor Gott.” (4:2)

Nun, als Abraham lebte, gab es das Gesetz des Mose noch gar nicht!

Abraham glaubte Gott, und das wurde ihm als Gerechtigkeit angerechnet.” (4:3)

Also schreibt hier Paulus, dass der Glaube Abrahams ihn gerecht machte. (Über den Unterschied zum Jakobusbrief werde ich weiter unten etwas schreiben)


Wie schreibt Paulus weiter?

Dem, der Werke tut, werden diese nicht aus Gnade angerechnet, sondern er bekommt den Lohn, der ihm zusteht.” (4:4)

Das heißt, wer Werke tun will, um gerettet zu werden, der wird auch nach diesen Werken beurteilt werden. Und wir wissen ja, dass niemand aufgrund seiner Taten gerettet werden kann.

Dem aber, der keine Werke tut, sondern an den glaubt, der den Gottlosen gerecht macht, dem wird sein Glaube als Gerechtigkeit angerechnet.” (4:5)


Ich weiß, dass das für einige Leute schwer zu verstehen ist. Sie glauben, sie müssen sich den Himmel “verdienen”, Gott schafft nur die Basis, auf der sie aufbauen müssen.

Aber Paulus sagt so:
Denn aus Gnade seid ihr durch den Glauben gerettet, nicht aus eigener Kraft – Gott hat es geschenkt -, nicht aufgrund eurer Werke, damit keiner sich rühmen kann.” (in Epheser 2:8f)

Also betrachtet es Paulus als falsch, wenn man meint, zu Gottes Gnade noch etwas hinzufügen zu müssen.
Aber natürlich spricht er sich nicht gegen gute Taten aus. Im nächsten Vers steht:

Seine Geschöpfe sind wir, in Christus Jesus dazu geschaffen, in unserem Leben die guten Werke zu tun, die Gott für uns im voraus bereitet hat.


Ebenso schreibt er im 2.Timotheusbrief (1:9f)
Er hat uns gerettet; mit einem heiligen Ruf hat er uns gerufen, nicht aufgrund unserer Werke, sondern aus eigenem Entschluß und aus Gnade, die uns schon vor ewigen Zeiten in Christus Jesus geschenkt wurde; jetzt aber wurde sie durch das Erscheinen unseres Retters Christus Jesus offenbart. Er hat dem Tod die Macht genommen und uns das Licht des unvergänglichen Lebens gebracht durch das Evangelium

Also: Wir sind bereits gerettet, aufgrund seiner Gnade. Dem Tod ist die Macht genommen!

Und gleiches im Titusbrief (3:4f)
Als aber die Güte und Menschenliebe Gottes, unseres Retters, erschien, hat er uns gerettet – nicht weil wir Werke vollbracht hätten, die uns gerecht machen können, sondern aufgrund seines Erbarmens – durch das Bad der Wiedergeburt und der Erneuerung im Heiligen Geist.

Hier auch interessant: Durch die Wiedergeburt hat er uns gerettet!

Schon das “Ja” zu Jesus rettet uns vor dem Tod.

Jesus selbst beschreibt in Johannes 3 diese Rettung als einmalige Tat:
Und wie Mose die Schlange in der Wüste erhöht hat, so muß der Menschensohn erhöht werden, damit jeder, der (an ihn) glaubt, in ihm das ewige Leben hat.” (3:14f)

Die Israeliten wurden vor dem Gift der Schlangen gerettet, weil sie einmal zur ehernen Schlange aufblickten. Dieses Ereignis benutzt Jesus als Vergleich für das Kreuz.


Ich glaube, dass ich von Sünde reingewaschen bin, mir wurden alle Sünden vergeben, die vergangenen und die zukünftigen.

So schreibt Paulus an Titus (2:14)
Er hat sich für uns hingegeben, um uns von aller Schuld zu erlösen und sich ein reines Volk zu schaffen, das ihm als sein besonderes Eigentum gehört und voll Eifer danach strebt, das Gute zu tun.

Von aller Schuld!

Und wie Paulus im Kolosserbreif erklärt (2:13f):

Ihr wart tot infolge eurer Sünden, und euer Leib war unbeschnitten; Gott aber hat euch mit Christus zusammen lebendig gemacht und uns alle Sünden vergeben. Er hat den Schuldschein, der gegen uns sprach, durchgestrichen und seine Forderungen, die uns anklagten, aufgehoben. Er hat ihn dadurch getilgt, daß er ihn an das Kreuz geheftet hat.

Alle Sünden vergeben. Wie passiert das? Das schreibt Paulus davor:

Mit Christus wurdet ihr in der Taufe begraben, mit ihm auch auferweckt, durch den Glauben an die Kraft Gottes, der ihn von den Toten auferweckt hat.” (Taufe hier wohl als Synonym für Umkehr und Wassertaufe)

Sozusagen sind die Glaubenden schon auferweckt und haben das ewige Leben. Deswegen sagt ja auch Paulus in seinem zweiten Brief an die Korinther (5:17): “Wenn also jemand in Christus ist, dann ist er eine neue Schöpfung: Das Alte ist vergangen, Neues ist geworden.

Natürlich bin ich trotzdem noch Sünder – und Paulus war es auch, weil er sieht:

In meinem Innern freue ich mich am Gesetz Gottes, ich sehe aber ein anderes Gesetz in meinen Gliedern, das mit dem Gesetz meiner Vernunft im Streit liegt und mich gefangenhält im Gesetz der Sünde, von dem meine Glieder beherrscht werden. Ich unglücklicher Mensch! Wer wird mich aus diesem dem Tod verfallenen Leib erretten?” (Römer 22-24)

Aber, Gott sei Dank:
Jetzt gibt es keine Verurteilung mehr für die, welche in Christus Jesus sind.
Denn das Gesetz des Geistes und des Lebens in Christus Jesus hat dich frei gemacht vom Gesetz der Sünde und des Todes.
” (Römer 8:1f)

Keine Verurteilung mehr, und wir haben Sicherheit (Römer 8:15):

Denn ihr habt nicht einen Geist empfangen, der euch zu Sklaven macht, so daß ihr euch immer noch fürchten müßtet, sondern ihr habt den Geist empfangen, der euch zu Söhnen macht, den Geist, in dem wir rufen: Abba, Vater!

Wir müssen uns nicht mehr fürchten, zu versagen, wir sind Söhne, Erben der Verheißung. Und:

Denn ich bin gewiß: Weder Tod noch Leben, weder Engel noch Mächte, weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges, weder Gewalten der Höhe oder Tiefe noch irgendeine andere Kreatur können uns scheiden von der Liebe Gottes, die in Christus Jesus ist, unserem Herrn.” (Römer 8:38f)


Darf ich deswegen tun, was ich will? Die Korinther dürften die gleiche Frage gestellt haben, denn Paulus antwortet ihnen: “Alles ist mir erlaubt – aber nicht alles nützt mir. Alles ist mir erlaubt, aber nichts soll Macht haben über mich.

Meine Verbindung zu Gott, mein Glaube, mein Gerecht-Sein wird dadurch offenbar, dass ich seinen Weg gehe, die Werke tue, die er für mich vorbereitet hat.
Und das meint auch Jakobus, wenn er schreibt:
Nun könnte einer sagen: Du hast Glauben, und ich kann Werke vorweisen; zeig mir deinen Glauben ohne die Werke, und ich zeige dir meinen Glauben aufgrund der Werke.” (Jakobus 2:18)

Also: Nicht Glaube und Werke “arbeiten” zusammen auf die Erlösung hin, sondern die Werke zeigen meinen Glauben.

Glaube ist nicht nur ein einfaches “Für wahr halten”, sondern ein “Vertrauen”. Gegen ersteres spricht sich Jakobus aus:
Du glaubst: Es gibt nur den einen Gott. Damit hast du recht; das glauben auch die Dämonen, und sie zittern.” (2:19)
Auf diese Definition von falschem Glauben folgt dann der nächste Vers “Willst du also einsehen, du unvernünftiger Mensch, daß der Glaube ohne Werke nutzlos ist?

Aber: Man beachte, dass hier nirgendwo behauptet wird, dass Werke zur Rettung notwendig sind – nein, es ist ein Glaube notwendig, der Werke hervorbringt. Genau so, wie das bei Abraham war. Er vertraute Gott und deswegen legte er Isaak als Opfer auf den Altar. (-> V21) Aber Paulus, Jakobus und das Alte Testament sagen uns: “Abraham glaubte Gott, und das wurde ihm als Gerechtigkeit angerechnet, und er wurde Freund Gottes genannt.


Ich bin der Überzeugung, dass ich jetzt auf die Straße gehen könnte, jemanden erschießen könnte und trotzdem gerettet wäre, denn Jesus hat für all meine Schuld bezahlt. Ich bin aber genau so der Überzeugung, dass ich es nicht tun kann, weil der Geist Gottes in mir ist, ich eine neue Schöpfung bin, ein veränderter Mensch, der die Sünde hasst (auch wenn das Fleisch trotzdem noch schwach ist).



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